Religion ist die Verankerung symbolischer Ordnungen in der Psyche. Symbolische Ordnungen repräsentieren politische Ordnungen, zum Beispiel Verhältnisse zwischen Personen und Personengruppen. Diese Verankerung in der Psyche eines Menschen stabilisiert diese Ordnungen und bindet ihn an sie. Gleichzeitig weist sie dem Individuum einen Platz in der Ordnung zu, in einer Hierarchie zum Beispiel einen Platz weiter oben oder unten. Ordnungen können lineare, hierarchische oder vernetzte Muster bilden.
Die patriarchalen Religionen beispielsweise bilden hierarchische Ordnungen mit Vätern an der Spitze ab. Söhne werden in dieser Ordnung von den Vätern geopfert. Eine mögliche Wirkung dieser Ordnung ist das soldatische Heldentum, die Opferung von Söhnen im Krieg zum Machterhalt und zur Vergrößerung des Machtbereichs der Väter.
Die patriarchalen Hierarchien weisen Müttern eine Rolle als Besitz der Väter zu, was diesen die Kontrolle über ihren Nachwuchs ermöglichen soll. Eine Folge dieser Ordnung ist die Spaltung weiblicher Muster in die sexuell aktive weibliche Kinderlose und die marienhaft asexuelle aseptische Mutter.
Die Verankerung der symbolischen Ordnungen erfolgt durch Mythen, Bilder und Rituale, die den Kindern schon in der Früherziehung nahegebracht werden, in der modernen Gesellschaft beispielsweise durch Fernsehprogramme, in früheren über Märchen, Geschichten, Lieder und Gedichte. Die subtilste und gleichzeitigt wichtigste Verankerungswirkung hat die Sprache selbst. So können Machtverhältnisse unsichtbar gemacht werden, Personengruppen unsichtbar gemacht werden ("der" Mensch) und Alternativen zu bestehenden Ordnungen unsichtbar gemacht werden, indem sie tot geschwiegen werden.
Wenn wir heute andere Verhältnisse etablieren wollen, beispielsweise vernetzte Strukturen in flachen kooperierenden Hierarchien, kommen wir nicht darum herum, für diese auch symbolische Ordnungen zu formulieren, zu benennen und zu beschreiben. Vorbilder finden sich in so genannten matriarchalen Kulturen, wie beispielsweise sie Hannelore hier gesammelt und beschrieben hat.
Wichtig ist auch, entsprechende Sprachmuster, Bilder, Mythen, Rituale ... zu finden, die uns ermöglichen, unsere Psyche in diese Ordnungen einzubinden. Ein einigermaßen allgemeinverständlicher Ansatz zum Begriff "Symbolische Ordnung" findet sich bei Antje hier, Texte zum religiösen Aspekt finden sich bei Jutta Voss oder Gerda Weiler.
Mit den Mitteln der Rebellion ("Kampf gegen") oder Ignoranz ("Atheismus") stellen wir bestehende Ordnungen nicht in Frage, sondern stärken sie indirekt, weil wir ihre symbolischen Ordnungen in unserer Psyche anerkennen und nicht durch unsere ersetzen.
Wir begehren heute den Paradigmenwechsel. Erreichen werden wir ihn, wenn wir Religion, wenn wir unsere symbolischen Ordnungen, nach unseren Zielen gestalten. Wirkung ist die Vereinigung unserer psychischen Energien, in eine zielgerichtete Kraft der Veränderung hin zu einer neuen politischen Ordnung.
[Ergänzung 3/2015: GOTT DIE MUTTER - eine alternative symbolische Ordnung, eine Kreation von Kirsten Armbruster]
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